Der Grabaltar


In unserer gewachsenen Gemeinschaft war es Tradition während der Karwoche, die auch als stille Woche bekannt ist, die Kruzifixe und Kreuze in der Heimatkirche mit schwarzen und violetten Tüchern zu verhüllen.

 

Aus Trauer um das Leiden und Sterben von Jesus Christus schwiegen auch die Glocken.

Wie es im Volksmund hieß, sind die Glocken nach Rom geflogen und als Ersatz kam die Turmratsche zum Einsatz.

 

Selbst während der Eucharistiefeier wurde anstelle der Wandlungsglocken die Handratsche betätigt.

Das Hauptritual fand am Karfreitag beim Heiliggrabaltar statt.

 

Jedes Jahr wurde dieser Altar von freiwilligen Männern aus der Dorfgemeinschaft in den vorderen Bereich der Kirche getragen, und am großen Kreuz aufgestellt.

Beleuchtet und mit Blumen geschmückt stand er dann im Mittelpunkt der Liturgie. Nach der Auferstehung wurde er wieder an seinen Platz unter der Chorempore an der Frauenseite gebracht.

 

Dieses Ritual, das über mehrere Generationen ausgeübt wurde, fand zum letzten Mal 1990 in unserer Heimatkirche statt.


Unser Grabaltar ist in seiner künstlerischen Gestaltung mit den ausgewogenen Proportionen und seiner handwerklichen Ausführung, ein wahres Schmuckstück.

Aus Holz und in Marmoroptik ist er etwa zur gleichen Zeit wie der Hauptaltar um 1906 entstanden.


Ich selbst habe einige Jahre als Bildhauer in einem Atelier für Altarbau und Kirchenausstattung gearbeitet, und hatte dabei Gelegenheit mich in die Tiefe der Symbolik des christlichen Glaubens einzuarbeiten.


Das Zentrum des heiligen Grabes ist die Nachbildung des Leichnams Jesu.

Die floral gestaltete Rückwand steht sinnbildlich für das Paradies. Symbolisch für den Leidensweg Christi stehen die beiden Engel in den Nischen des Grabes, mit Lanze, Dornenkrone und den in Essig getränkten Schwamm.

Der weiße Schwan, über dem Bild Veronikas mit dem Schweißtuch, ist in der Religionsgeschichte vieler Völker das Begleittier eines Gottes, er steht für Intuition und der letzten Äußerung von bedeutenden Menschen.

 

Die beiden Bilder im Altaraufsatz, wie auch das Christusmonogramm sind stimmig umrahmt von Säulen, die in einen Kleeblattbogen übergehen.

Die Sinnbilder aus dem Alten Testament, erzählen die Geschichte von Jona, der von einem Fisch verschluckt und nach drei Tagen an Land ausgespuckt wurde, und die Geschichte von Abraham der seinen Sohn opfern sollte.

 

Im Kern dieser Geschichten soll wahrscheinlich die Strenge Gottes, zugleich aber auch seine Barmherzigkeit gezeigt werden.

 

Wesentlich im christlichen Glauben ist die Auferstehung Christi. Dieser zentrale Moment wird in unserem Altar mit dem Christusmonogramm dargestellt. 

Abgerundet wird der Altaraufsatz von handgeschnitzten Ornamenten, und einem von zwei Engeln gehaltenen Kreuz.

                                                                                                                                                                       

                                                    Einen herzlichen Dank an Sylvia und Josef Burger für Bildmaterial und Informationen.

 

                                                                                                                                                                                                        Michael Messer

 




                                                                          Handratsche und Ratsche